Theorie und Praxis

Blamieren leicht gemacht – 6 Katastrophen, die einem Aussteller nicht passieren sollten

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Nach dem Ringtraining am Wochenende in Gelsenkirchen stieg ich ins Auto und musste während der ganzen Rückfahrt grinsen. Ausstellen ist wie Autofahren, dachte ich mir. Theoretisch ist das alles kein Problem, aber richtig gut fährt man erst, wenn man es durch den Stadtverkehr von Mailand schafft, ohne einem Herzinfarkt zu erliegen.

Seitdem ich 2009 im Rahmen der Luxembourg Spring Show das erste Mal überhaupt im Ring stand, habe ich mir ein paar kapitale Ausstellungsböcke geschossen. Teils aus mangelnder Erfahrung, teils aus schlichter Schusseligkeit und/oder Desorganisation. Aber immerhin, vergessen werde ich sie nicht so schnell:

1. Der Phantomhund

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Das hört sich jetzt unsinnig an, aber Melden ist ein wichtiger Schritt. Denn schlägt man morgens um 8:00 Uhr mit zwei Hunden bei einer Landessieger-Show auf und erfährt, dass nur ein Hund im Katalog steht, ist das blöd. Noch blöder ist es, wenn man fest davon überzeugt ist, zwei Hunde gemeldet zu haben und darauf besteht, den vermeintlichen Phantomhund zeigen zu wollen. Und noch viel, viel blöder ist es, wenn die Organisatoren dann mit Engelszungen erklären, dass man bei der Online-Meldung offenbar einfach einen Schritt vergessen hat. Also immer schön genau hingucken und nicht versäumen, auf Senden zu klicken!

2. Die Labertasche

Einen Stau muss man einkalkulieren, wenn es zur Ausstellung geht. Der Richter wartet schließlich nicht. Außer auf ein paar spezielle Personen natürlich. Wer aber nicht speziell ist und pünktlich auf dem Gelände erscheint, sollte dann tunlichst seine Chance nicht durch Schnacken vertändeln. Bei einer CACIB ist das höchst ärgerlich und peinlich noch dazu. Denn es fällt schon sehr auf, wenn man – so wie ich bei der FCI-Jahrhundertsieger-Schau – total verwirrt, abgehetzt und ohne Showleine eine komplett aufgestellte Jugendklasse sprengt, weil man bei Küsschen hier, Küsschen da und Ohhhh, du auch hier! die Zeit vergessen hat. Das hämische Grinsen der Konkurrenz hatte ich im Sack. Die 65 Euro Meldegeld hätte ich genauso gut direkt aus dem Portemonnaie ins Klo kippen können.

3. Die Stinkbombe

Zugegeben, bei den Outdoor-Ausstellungen wird die Vorlage des Impfpasses selten verlangt. Doch in der Halle muss er dabei sein. Wer eine weite Anreise hat, ist ohne Impfpass im wahrsten Sinne am Arsch. Dann heißt es draußen bleiben.

Als ich damals Mr.Clarks Impfpass vergessen hatte, musste ich von der Halle nach Hause zum Glück nur fünfzehn Kilometer über die Autobahn heizen, um ihn zu holen. Leider hat meine aus Zeitmangel dann wohl sehr sportlich ausgefallene Fahrweise dafür gesorgt, dass der arme Mr.Clark sowohl auf der Hinfahrt, als auf der Rückfahrt sein Frühstück in mehreren Etappen auf sein weiches Kissen und sich selbst gekotzt hat. Ich war dann zwar pünktlich und konnte ihn einigermaßen säubern, hatte aber schließlich einen total marmeligen und bestialisch stinkenden Hund an einer blütenweißen Showleine.

4. Die brüllende Regenjacke

Es regnete Sturzbäche und ich stand in Gummistiefeln im Ring. Die Richterin übrigens auch, deswegen war das in Ordnung. Um nicht komplett durchzuweichen, hatte ich eine total unförmige, aber sehr praktische Jacke an. Im Alltag wusste ich sie wegen ihrer vielen Taschen immer zu schätzen.

Ich hatte Mr.Clark schick auf dem Tisch aufgebaut und die Richterin fing an zu diktieren, als aus den Tiefen meiner wasserdichten Jacke mein Handy brüllte. Ich hatte es zuvor auf Discothekenlautstärke gestellt, um einen wichtigen Anruf nicht zu verpassen. Nun brüllte und brüllte es. Und ich suchte und suchte in den vielen ach so praktischen Taschen. Als ich es endlich gefunden und ihm das Maul gestopft hatte, war Mr.Clark völlig von der Rolle und die Richterin schwer genervt.

5. Das mobile Alcatraz

Man kann immer nur mit einem Hund in den Ring. Hat man mehrere im Gepäck, dann sollten die, die gerade nicht dran sind, gut gesichert und möglichst unter Aufsicht sein. Denn wider ihren Willen wartende Whippets können sehr erfinderisch werden.

Mein Hunde sind/waren immer genau dann unkooperativ, wenn es so gar nicht passte. Bei der Jahresausstellung 2012 in Münster hatte ich Mono in der Zwischenklasse und Mr.Clark in der Offenen gemeldet. Mono hatte gerade von der britischen Richterin das V2 zugesprochen bekommen, als ein fröhlich wedelnder Whippet mutterseelenallein quer durch den Ring auf uns zu lief. Mr.Clark hatte sich erfolgreich durch den Softkennel gefressen und war offensichtlich stolz auf sich. Sein Warten müsse nun endlich ein Ende haben, hatte er beschlossen. Er stand vor mir als wollte er sagen: Jetzt bin ich dran! Die Richterin fragte etwas indigniert: Yours?

Gerade britische Richter können bei solch eklatant schlechter Ringdisziplin überaus humorlos reagieren. Ich fing Mr.Clark ein, entschuldigte mich artig und verzog mich schnell. Trotz seiner Einlage gewann der Ausbrecher kurz darauf die Offene Klasse. Den Softkennel konnte ich noch vor Ort entsorgen.

6. Die Saboteuse

Man muss auch mal höflich, aber bestimmt Nein sagen können, um die eigenen Interessen zu wahren. Sonst kann nämlich ein hirnamputierter Ringnachbar den ganzen Tag versauen.

Bei einer Ausstellung in Köln hatte ich mich mit Mono an einer strategisch günstigen Stelle am Ring platziert. Ganz kurz bevor das Richten begann, quetschte sich eine Dame mit ihrer Hündin und einem Kennel zwischen uns und das Nachbarzelt. Es wurde sehr eng, doch hilfsbereit und höflich wie ich bin, machte ich ein wenig Platz. Kaum hatte sich die Dame zurecht gerödelt, wurde Mono nervös. Er fing an zu fiepen und zog wie ein Berserker immer wieder in Richtung des kleinen Kennels, in dem die Hündin der Dame hockte. Ich hatte Mühe ihn zur Raison zu bringen. Die Dame beobachtete uns mit gerümpfter Nase.

Vorsichtig fragte ich, ob die Hündin vielleicht, gegebenenfalls, eventuell läufig sei. „Doch, doch, sie ist in den Stehtagen. Deshalb sitzt sie doch im Kennel.“ Die Dame schaute mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. „Ach“, bemerkte ich, „und dann stellen sie aus?“ „Nein, ich bin nur zum Zuschauen hier!“ Toll! Mono hatte den Geruch der Hündin in der Nase. Er hampelte auf dem Tisch wie ein Welpe. An schönes Laufen im Ring war nicht zu denken. Mit heftiger Schlagseite zog er hartnäckig in die Ecke, wo die standheiße Hündin nur zuschaute. Vielen Dank nochmal! Doofe Kuh!

Mittlerweile achte ich darauf, dass ich auch wirklich gemeldet habe und packe am Abend vor der Ausstellung alle wichtigen Papiere in meine Tasche. Seit Mr.Clarks Ausbruch kamen die Hunde entweder abwechselnd ins Auto oder wurden von Freunden streng überwacht. Ich bringe zwischen Mono und läufige Hündinnen immer mindestens hundert Meter und mein Handy lege ich ganz bewusst zur Seite. Vor dem Richten meiner Klasse bin ich über pünktlich.

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Rückblickend kann ich darüber lachen, besonders über Mr.Clarks Ausbruch und seinen Blick als er vor mir stand. Doch heute versuche ich, Katastrophen möglichst zu vermeiden. Es ist wohl immer noch so, dass man seine Fehler unbedingt selber machen muss, um sie nie wieder zu begehen. Mal sehen, was ich als nächstes lerne.

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Freie Autorin mit einem starken Hang zur Fotografie

15 Comments

  1. Ich musste so lachen beim lesen und hab mich natürlich wiedergefunden 🙂 das heiße Hündinnen Problem hatte ich bis jetzt noch nicht ( hab Hündinnen ) und der Ausbrecherkönig fehlt mir noch *lach* aber was nicht ist kann ja noch werden 😉
    weiterhin viel Spaß Euch auf Ausstellungen !
    Liebe Grüße und weiter so !
    Sabine

  2. *lach* da kann ich auch noch was beitragen:
    Wenn man zu spät dran ist für den Einlieferungsschluss oder liebe Leute sich anbieten, die Meldeunterlagen (Startnummer) mitzubringen, ist es hilfreich die übergebene Startnummer mit dem Katalog zu vergleichen. Mir hat mein Helferlein nämlich leider seine Startnummer gereicht und ich durfte den Ring hektischst verlassen, um meine richtige Startnummer zu organisieren. Der Richter fand das wenig lustig, dass so der Verkehr aufgehalten wurde und so wurde es dann komischerweise auch nichts mehr mit ner guten Bewertung. Ich hatte es eben vergeigt.

    • Ich habe immer Pech mit diesen Klebenummern. Es ist noch keine Show vergangen, während der ich das blöde Ding nicht irgendwo im Ring verloren hätte. Da hilf nur Kleben UND mit der Nadel befestigen.

      Entspannte Grüße

  3. Sehr genial geschrieben und das mit dem Handy kenne ich nur zu gut… Immer dann wenn man es nicht brauch 🙂
    Zu dem Thema läufige Hündinnen bei der Ausstellung habe ich auch meine Erfahrung gemacht zwar bei einer nicht Windhund Ausstellung… Da gab es einen Rüde neben dem Kennel von der läufigen Hündin der sich durch beide Kennels durchfraß und die Hündin deckte… Was raus kam ein sogenannter ups Wurf… Zudem war die Besitzerin mehr damit beschäftigt ihr Dekoltee in Position für den Richter zu bringen wie sich um ihrere im Kennel „verstauten“ und stinkenden Hunde zu kümmern. Manche werden es leider nie lernen 🙁

  4. Ich hatte mal nen Aussteller neben mir am Ringeingang stehen, der äußerst schick angezogen war. Diese adrette Person bemerkte aber erst als wir alle in den Ring liefen, dass alle außer ihm nen Hund an der Leine hatten 😉

  5. Pavla Humenanska Reply

    Kompliment, super geschrieben! Und es kommt genau richtig – am Samstag sind wir in St. Gallen mit Rani dran:-) Ich hoffe, es geht problemlos durch mit meine Kleine. Jetzt weiss ich mindestens was alles passieren könnte!
    Liebe Grüsse Pavla und Co!

  6. Da kommen Erinnerungen hoch die sich in 29 Jahren Ausstellungen eingeprägt haben. Manches kommt mir sehr bekannt vor, manches konnte ich bisher glücklicherweise vermeiden.
    Aber ein Mitbringsel einer Ausstellung ist mir immer haften geblieben und das brauche ich nicht mehr.
    Mich kribbelte es schon eine ganze Weile, mein Hund kratzte sich wie blöd, die Neufundländer neben uns machten das schon den ganzen Tag.
    Zuhause gab es für den Hund ein Bad gegen Flöhe, für mich Salbe und tja, die Katze meiner Großmutter hatte sich die Viecher gleich bei der Begrüßung des Hundes ebenfalls eingefangen. Waren ein paar lustige Tage mit Hund und Katze baden (hat schon mal jemand eine Katze baden müssen????) Horror!
    LG
    Michael

    • Ich habe ein einziges Mal versucht eine Katze zu baden. Die Kratzer auf meinen Schultern haben Monate gebraucht, um zu verheilen.

      Entspannte Grüße

  7. Manuela Massow Reply

    Ach ja Danke für den Spiegel vorm Gesicht, hab viel gelacht und mich wieder erkannt

  8. oh ja – Katze baden ist das Highlight: Kater meinte, er müsse mal gucken, wie es unter Autos aussieht: ölig! Da half nix mehr und drei Menschen waren nass und zerkratzt, Katze jedoch trotz aller Mühe nicht wieder gänzlich sauber. 🙂

  9. Köstlich!
    Auf den Ausbrecher-König warte ich noch. Wenn man allein austellt und zwei Hunde hat, kann das schon mal passieren.
    Mein Handy hielt bisher die Klappe, wenn ich es vergessen hatte. Zum Glück!

    Nur ich vergesse immer, meine schrumpeligen Caps, die meine extrem kursichtigen Augen vor der Sonne schützen, abzunehmen. *peinlich*

  10. toll geschrieben, nach fast 28 jahre aktivem ausstellen kenne ich so manche der geschichten, beim tibet-terrier fand man das doch oft lustig, beim mini-bullterrier schon nicht mehr 😉 danke den leuten die zu viel bildzeitung lesen
    meine xolo`s sind da eher etwas ruhiger wobei unser mex. import nun beschlossen hat auf der ausstellung zu „singern“ bis frauchen wieder aus dem ring zurück ist.
    DANKE für den tollen text

  11. Ich kenne einen Massenzüchter der ging immer mit Hündinnen in den Stehtagen auf Ausstellungen! Damit seine Hündinnen siegten, weil die Rüden in der falschen Richtung liefen..

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