Fast täglich

Der Koloss am Laternenmast

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Jeder Hundebesitzer wird schon einmal eine Situation erlebt haben, die ihn und seinen Hund zwar heil und ohne offene Brüche, dafür aber mit puddingweichen Knien zurückgelassen hat. Meine letzte war die mit den Pit Bulls. Jetzt ist erstmal gut, dachte ich. Doch am Samstag kam es fast noch dicker. Und das im wahrsten Sinne.

Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen. Diese riesige Metropole ist ein Meltingpot in dem so ziemlich jede Nation vertreten ist, die unser Planet vorzuweisen hat. Toleranz musste ich also nie lernen, sondern bin vollkommen selbstverständlich in sie hineingewachsen. Das Zusammenleben mit Menschen jeder vorstellbaren Herkunft ist für mich Alltag und deshalb normal. Das schicke ich ganz bewusst voraus, damit mich nicht die, die einen Text immer nur halb lesen, in die falsche Schublade stecken.

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Hier gibt es viele Hunde. Große, kleine, nette, guterzogene, doofe und auch böse. Das ist nichts ruhrgebiettypisches, sondern in jedem Ballungsraum das Gleiche. Seit einiger Zeit beobachte ich allerdings einen Trend, der mir einen winziges, kleines bisschen Sorge macht. Hier in meiner Gegend gibt es nämlich immer mehr türkische Kangals. Verdammt groß, verdammt schwer und keiner von ihnen ist auch nur ansatzweise das, was man verträglich nennen könnte.

Schlechter Film, schlechter Film ….! 

Am Samstag Abend war ich mit den Jungs eine große Runde spazieren. An einer Kreuzung gibt es ein Haus mit einem Garten, der etwa so groß ist wie ein Badetuch. Dort wohnen drei bis vier Hühner und ein Kangal. Hören kann man ihn oft, sehen konnte ich ihn nur ein einzige Mal durch eine Lücke in der Hecke.

Ich kam mit Mono und Danny um diese Ecke. An der Einfahrt des Hauses tauchte plötzlich ein kleiner Mann auf. Hinter dem kleinen Mann an kurzer Leine folgte der Kangalrüde. Boah, was für ein Koloss! Noch bevor ich mich umdrehen und den Weg zurückgehen konnte, hatte er uns gesehen. Dieser winzige Mann kann diesen Hund niemals halten, dachte ich. Und genau so war’s. Der Kangal fing an zu toben wie ein Monster aus der tiefsten Unterwelt. Ich machte auf dem Absatz kehrt. Bitte, bitte … hoffentlich hält das Halsband!! Ich drehte mich um. Der Kangal zog seinen Besitzer über den Asphalt in unsere Richtung. Jetzt bloß nicht rennen!! Der kleine Mann bekam einen Laternenpfahl zu fassen und hielt sich fest. Schlechter Film, schlechter Film …!!! Er wickelte des Leinenende um die Laterne. Der geifernde Rüde stemmte seine Pfoten in Straße. Ich war in Sekunden Schweiß gebadet, Mono und Danny mucksmäuschenstill.

Puls auf 180

Als ich mich etwa fünfzig Meter entfernt hatte, schaute ich kurz zurück. Der kleine Mann und der wütende Koloss hingen nach wie vor am Laternenmast. Die ganze Konstruktion wackelte gefährlich. Man stelle sich das vor: So eine Straßenlaterne ist tief einbetoniert. Weg hier, dachte ich, und ging zügig in Richtung nach Hause. Ich konnte die beiden längst nicht mehr sehen, aber sicher fühlte ich mich noch lange nicht. Wenn er sich losgerissen hat! Mein Puls beruhigte sich erst, als ich zu Hause die Tür zu gemacht hatte.

In der weiteren Nachbarschaft bewachte eine Kangal Hündin eine Zeit lang eine Etablissement. Sie ist in rhythmischen Abständen ausgebrochen und hat das Viertel in Angst und Schrecken versetzt. Nachdem sie einen Neufundländer-Rüden angefallen und getötet hatte, gab es für den Besitzer „Auflagen“. Welcher Art auch immer. Ich habe diese Hündin zum Glück nie aus der Nähe gesehen. Neulich treffe ich einen anderen türkischen Mann mit einem jungen Kangal. Darf alles, macht alles, hoggelt alles, was unter seine dicken Pfoten kommt. Im Alter von knapp fünf Monaten. Als er versuchte Mono zu besteigen, hat mein Gandhi den Holzhammer rausgeholt und dem dicken Rotzlöffel kräftig eine gescheuert. Letzterer war aber keineswegs beeindruckt, sondern ging zum Angriff über. Ich wehrte den Kleinen ab indem ich ihn am Halsband packte. Dafür musste ich mich sodann übel beschimpfen lassen. Super! Lass den Fellbeutel mal zwei Jahre alt und 90 Kilo schwer sein. Ich werde mich fern halten.

90 Kilo ohne Job

Vielleicht gibt es hier irgendwo auch nette Kangals. Ich kenne leider keinen einzigen. (Die junge Hündin eines Dünnbrettbohrers, der sich großspurig Problemhundetrainer nennt, zähle ich nicht dazu.) Ich werde ohnehin niemals begreifen, warum man hier einen Herdenschutzhund dieser Größe und Kategorie auf recht engem Raum halten muss, ohne ihm eine echte Aufgabe geben zu können. Nationalhund hin oder her. Tradition hin oder her. Diese Hunde sind gezüchtet um selbstständig zu entscheiden und zu handeln. Das kann auch mal in die Hose gehen, wenn so ein Tier in einer Innenstadt meint, sein weitläufiges Terrain verteidigen zu müssen.

Ich kenne viele türkische Mütter aus der Grundschul-und Fußballzeit meines Sohnes. Sie haben ausnahmslos alle Angst vor Hunden jeder Art. Mit meinen Whippets kamen sie soeben klar, aber jede von ihnen hatte irgendeine kleine oder größere Horrorgeschichte über die Kangals in ihrer Heimat zu erzählen. Ein Fußballvater zeigte mir eine riesige Narbe an seinem Hinterkopf. Als er Kind war, hat ihn ein Kangal an den Haaren durchs Dorf geschliffen.

Auf der Suche nach Informationen habe ich eine tolle Seite gefunden, die den Kangal und seine Eigenschaften erklärt. Die Texte bestätigen mich in meiner Annahme, dass diese Hunde nur ihren Job tun, aber leider ihr Umfeld nicht zum Job passt. Eine klassischen Fehlbesetzung also. Und das liegt wie immer an den Menschen, die diese Hunde in ein für sie vollkommen untaugliches Umfeld verpflanzen und meinen, dass sie ganz selbstverständlich ihr ureigene Aufgabe vergessen und sich anpassen.

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In Hamburg und in Hessen steht der Kangal schon auf der Liste der potenziell gefährlichen Hunde. Ich finde, dass Nordrhein-Westfalen da mal ganz flott mitziehen sollte. Denn diese Hunde nehmen ihren Job richtig ernst.

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Freie Autorin mit einem starken Hang zur Fotografie

14 Comments

  1. Ich kenne seit Kindertagen an zwei Kangals (aber auch die Einzigen) von türkischen Nachbarn die top erzogen sind und nicht einmal mich oder irgendwelche Hunde angefallen haben. Kommt halt einfach auf die Erziehung an, „Darf alles, macht alles“ passt halt aber leider auch auf viele türkische Erziehungsmethoden beim Hund (und oft beim männlichen Kind). Kein Wunder, dass dann sowas passiert…

    • Es gibt immer Ausnahmen Peter. Immer! Aber hier überwiegt der totale Kontrollverlust über diese großen Hunde. Das ist keine schöne Aussicht.

      Entspannte Grüße

  2. Leider kann ich diese Erfahrungen bestätigen. Hier in der Nähe war ein junger Kangal, ganz süß und flauschig zu Beginn. Aber auch er wollte Fynn hoggeln mit gerade mal 4 Monaten. Den Hund habe ich immer seltener draußen mit seinen Menschen gesehen, sondern nur noch auf dem Grundstück. Das war zunächst mit einem wackeligen Bretterzaun eingefriedet und ich mied dann diesen Weg, weil ich weder dem Zaun noch dem Hund traute. Irgendwann wurde der Bretterzaun gegen einen Stabmattenzaun in 2m Höhe ausgewechselt. Puhhh, welch‘ Erleichterung. ABER: auch dieser Zaun ist jetzt krumm und der Hund nicht mehr da. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich kann es mir denken.
    Diese Hunde sind definitiv keine Schmusehunde und ich bin froh, dass er nicht mehr da ist.

  3. Ja, es gibt auch nette Kangals. Einer wohnt hier in der Nähe. An unserem früheren Wohnort haben mal zwei Kangals einen Labbiwelpen fast totgebissen, der konnte sich nur durch einen Sprung ins Wasser retten. Ich würde solche Begegnungen auch meiden.

  4. Wurde denn die Polizei oder das Ordnungsamt informiert?

    Immerhin gibt es 2 „Totschlag- Argumente“: der Besitzer hat seinen Hund nicht unter Kontrolle und offensichtlich geht von diesem Hund eine Gefahr aus.
    (bei diesen Stichworten sollten bei Staatsdienern alle Alarmglocken läuten)

    Ich denke es ist wichtig das solche Sachen aktenkundig werden. Der Hund ist natürlich wie meistens die ärmste aller Sauen und kann überhaupt nichts dafür. Kommt es aber erst mal zu einem Zwischenfall (im schlimmsten Falle mit Kindern) dann fragt wieder jeder wie so etwas passieren konnte. Deshalb sollte so etwas gemeldet werden – denn noch ist die Gefahr überschaubar und noch ist „nichts“ passiert.

    LG Wolfhart

    • Wolfhart, ich denke das wird nötig werden. Es sei denn der Mann sperrt diesen Kangal für immer in seinem Garten ein.

      Entspannte Grüße

  5. Hallo!Kommen grad von „Happy Mosel“ (Sonntag Autofreier Tag zwischen Zell und Cochem.
    Unsere Loni(Whippethündin natürlich dabei.) Sind an dem Tag 80 km mit Rad gefahren.Loni hat extra komfortablen Radanhänger.Natürlich läuft sie zwischendurch an der Leine am Rad.So auch in einem kleinen Örtchen an der Mosel.Plötzlich schiesst ein riesiger Riesenschnauzer zaehnefletschend auf uns zu!!!!!!!
    Hab die Leine,die zum Glück nur am kleinen Finger hing ,losgelassen.Loni ist abgedüst.Um Haaresbreite hätte dieses Monster die arme Maus erwischt.Der Besitzer kam hinterhergespurtet,der Köter war wie besessen.So was hab ich noch nie gesehen.Eine Entschuldigung brachte er nicht über seine Lippen.Gott sei Dank ging das alles so schnell,das Loni und ich keinen Schaden davongetragen haben.Auf jeden Fall hatten wir einen tollen Kurzurlaub.Liebe Größe aus Düren

  6. Nun, ich hatte vor kurzem so eine Begegnung mit einer Bordeauxdogge! Die Frau konnte den Hund nicht halten, der schliff sie hinter sich her, weit und Breit kein Baum oder Laternenpfahl, ich stand soweit abseits bereits, in einem Busch, Lucky am Arm, damit ihm der Hund nicht erwischt, drehte mich, als er schon sehr nahe war, um, da hing er auf meinem Rücken, den Atem spürte ich im Genick, mein T-Shirt zerriss er, als er von mir runter gezogen wurde! Denn es gab auch einen Mann dazu, der aber blöd lachte als sie den Hund nicht halten konnte und erst eingriff, als ich gellend um Hilfe schrie und der Hund an mir hängte! Ich habe Meldung bei der Polizei gemacht – Bordeauxdoggen gelten als Kampfhund aber sind nicht führerscheinpflichtig – der Polizist sagte, wenn man die Frau erwische würde überprüft werden, ob sie dem Hund gewachsen wäre. Schwacher Trost, denn wenn er Lucky erwischt hätte, wäre dieser tot….Liebe Grüße aus Wien Inge

    • Ingeborg, du hattest Glück. Ich würde mir wünschen, dass die Leute sich vorher Gedanken machen, wie sie einen 50 bis 90 Kilo Hund im Griff zu haben gedenken.

      Freunde von uns haben eine Bordeaux-Dogge. Ich habe den Rüden gerade vor ein paar Tagen fotografiert. Er ist sehr freundlich, aber unterwegs nicht zu unterschätzen. Das sagen seine Besitzer, die über Jahrzehnte lammfromme Bullmastiffs hatten. Und die wissen wirklich was sie tun.

      Enspannet Grüße

  7. Hallo Karla!

    Vor kurzem habe ich ihren Blog entdeckt und mich sofort darin verliebt. Diese schönen Hunde, die Fotos und der bissige Unterton der Texte.
    Ein großes Lob dafür!!

    Ich bin auf dem Dorf mit allerlei Getier aufgewachsen und würde auch gerne einem Hund ein Zuhause schenken, aber bei so manchen Storys hier (wie diese z.B.) wird einem ja angst und bange.
    Auf meinem wöchentlichen Ausflug mit div. Tierheimhunden ist mir so etwas zum Glück noch nie passiert. Das mag daran liegen, dass dort viele Tierheimhunde unterwegs sind und die Menschen an der Leine verantwortungsvoll mit den Hunden und den anderen Spaziergängern umgehen. Aber wenn ich mir überlege was mir in der Stadt alles über den Weg laufen würde – ohje – Ich glaube, ich bleibe lieber bei meinen Wohnungstigern und bewundere die schönen Geschöpfe „aus der Ferne“.

    Liebe Grüße 🙂

    • Hallo Steffi,
      danke für dein Lob! Du solltest dich von diesen Geschichten nicht abschrecken lassen. Mit Hunden hat man ganz sicher hin und wieder ein paar negative Begegnungen, doch die meisten sind positiv und lustig. Also nicht den Mut verlieren.

      Entspannte Grüße

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